So, jetzt ist es mal wieder so weit. Ich sitze vor dem leeren Bildschirm. Schreiben ist angesagt. Mein Gehirn kramt in seinen Windungen nach offenen Schubläden und Fächern. Mensch, da ist doch so viel drin, wo steckt denn das alles? Offenbar muss ich erst mal die Schlüssel finden. Auf dem Schreibtisch werden die lose herumliegenden Blätter hin- und hergeschoben, voll mit Notizen und wichtigen Gedankenblitzen. Massen von Zeitungsausschnitten stapeln sich. Nur man müsste sie eben noch mal durchlesen, möglichst mit einem Bleistift.
Ach, halt, ich muss dringend die Küche putzen. Da rennen schon die Staubfluseln seit Tagen herum. Das geht jetzt einfach vor. Gesundheit ist wichtiger. Den Putzlappen zu schwingen und mit Eimern von Zimmer zu Zimmer rennen, den Balkon zu saugen und den Geschirrspüler anzuschmeißen, nein, das ist normalerweise nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Aber jetzt, gerade jetzt habe ich eine unerklärbare Lust darauf. Gott sei Dank, denke ich mir. Das muss ich ausnutzen. Meine Wohnung strahlt in einem fast noch nie dagewesenen Glanz. Ich überlege, was wäre noch zu tun? Klamotten sortieren, Schränke auswaschen, Waschmaschine anwerfen, vielleicht noch Gardinen waschen. Dann duftet es endlich mal wieder frisch in diesen Hallen. Das ist auch gut für das Gehirn. Die Ideen werden purzeln. Also, los. Nein, Moment, da fehlen an diversen Blusen noch Knöpfe. Aber ich habe doch gar keine Ersatzknöpfe.
Aber es gibt Läden, die haben so viele, dass sie sie verkaufen müssen.
Und so ein Laden befindet sich gerade hier um die Ecke. Ist ja gleich geschehen. Und danach fange ich sofort an zu schreiben.
Die Knöpfe sind da. Aber ich nähe sie jetzt doch nicht an. Das ist nicht so eilig. Ich schaue mal so fünf Minuten aus dem Fenster und dann fange ich an zu schreiben. Einfach mal die Seele baumeln lassen. Ein Kaffee wäre auch noch gut. Dann wird das Gehirn besser durchblutet. Wenn die Frau da unten um die Ecke ist, fange ich an zu schreiben. Die geht etwas seltsam. Wahrscheinlich hat sie Miniskusprobleme. Meiner tut auch gerade weh. Am besten ich schmiere mir mal wieder die Salbe drauf. Aber dann fange ich an.
Die Notizen liegen bereit, der Bildschirm ist noch leer und fordert mich auf, loszulegen. Ja, ja, gleich. Einen Begriff muss ich noch schnell im Lexikon nachsehen. Wieso im Lexikon? Es gibt doch die Suchmaschinen! Nach einer weiteren Stunde (inzwischen sind 4,5 Stunden vergangen, seit ich mich zum Schreiben entschlossen hatte) unterbricht mich das Telefon und der geschlossene Browser gibt die immer noch leere Seite des Textprogramms frei. Jetzt muss die mich natürlich wieder ewig aufhalten! Hallo Ulla, ich bin seit Stunden dabei, einen Podcast zu schreiben, ich habe wenig Zeit. Was? Ich soll Dir den Text mal rübermailen? So roh? Ja, der ist noch verdammt roh, würde ich sagen. Nee, hör Dir lieber später die Endfassung an.
Aber halt, mir fällt da doch noch eine wichtige Frage an sie ein. Die muss unbedingt jetzt gestellt werden. Erzähl von Deiner gestrigen Verabredung! Nein, Du hältst mich nicht auf, ist ganz gut, wenn ich mal kurz das Schreiben unterbrechen kann.
Irgendwann in der Nacht hatte ich dann die Rohfassung meines Podcasts. Die Idee ist doch noch zu mir gekommen …