Weder mal fahnde ich nach einer Podcast-Idee und glaube sie durch die Beobachtung von Vögeln oder das Zählen von Taxis zu entdecken.
Genau dabei muss mich meine Freundin Doris unterbrechen. Per Telefon.
Sie faselt etwas von einem Wahnsinns-Schnäppchen und ist völlig aus dem Häuschen.
Aha. Schnäppchen?
Ja, sie hat drei Flaschen Eierlikör zum Preis von einer bekommen. Vorne bei uns im Supermarkt an der Ecke.
Ich glaube, mich verhört zu haben.
„Eierlikör? Drei Flaschen????? Willst Du eine Cholesterin-Erhöhungs-Party veranstalten? Also, ich komme da nicht! Vielleicht lädst Du ein paar Pharma-Vertreter ein?“
Natürlich ist sie eingeschnappt. Also schalte ich um und finde, bei dem Schnippchen mit dem Schnäppchen braucht der Verbraucherschutz keinen Tipp wegen überhöhter Preise.
„Verbraucherschutz?“
Sie hat mich schon wieder falsch verstanden.
Ob ich vielleicht sagen will, sie habe sich über den Tisch ziehen lassen?!? Sie sei ja schließlich nicht blöd.
„Nein, drei Flaschen zum Preis von einer zu nehmen, ist nicht blöd. Das ist clever. Außerdem schmeckt Eierlikör gut.“
„Ist auch gut für Desserts“, meint sie ergänzend.
Ihre Stimme klingt plötzlich dünn.
„Ahhh … ja“.
Doris hat ein naturwissenschaftliches Studium absolviert und ihr analytischer Verstand wird offenbar gerade voll angekurbelt.
Sie stammelt „Reptiliengehirn … unser vererbtes Programm zur Sicherung des Überlebens … Mensch, Johanna, ich habe mich reingelegt.“
Jetzt kapiere ich nix mehr. Sie hat sich reinlegen lassen, okay, das sehe ich auch so. Zu wenig Rendite beim Eierlikör, da setzt das Marketing auf Masse. Mithilfe von Sonderangeboten. Kennt man ja. Wieso hat Doris dieses Zeug überhaupt gekauft?
„5 Euro statt 15,“ Doris resümmiert, „10 Euro sparen und ich greif zu. Ohne Hirn. Dieser idiotische emotionale Anreiz!“ Sie scheint sich fuchtbar zu ärgern.
„Erst Verstand einschalten …“ sie unterbricht mich, „Das ist es ja. Geld sparen, mehr bekommen, die Emotionen tummeln sich, das Gehirn schaltet auf Reptil-Modus, da geht ‘s nur noch ums Überleben. Und ich blöde Kuh, fall darauf rein!“
„Seit wann trinkst Du eigentlich Eierlikör?“
„Überhaupt nicht!“ jammert sie entsetzt.
Sie hat am gleichen Tag noch dieses blöde Gesöff umgetauscht. Aber der Laden hat sein Geld bekommen. Wenn auch nicht für Likör.